Dr. René Platzer
MedUni Wien RESEARCHER OF THE MONTH, August 2021
Die Jury „Researcher of the Month” verleiht die Auszeichnung für diesen Monat Herrn
René Platzer aus Anlass der im Top-Journal „Nature Communications“ (IF 13.610) erschienenen Arbeit „Unscrambling fluorophore blinking for comprehensive cluster detection via photoactivated localization microscopy“ [1]. Die vorliegende Studie wurde als multidisziplinäres Projekt zwischen den Forschungsgruppen von Assoc. Prof. Dr. Johannes Huppa am Institut für Hygiene und angewandte Immunologie an der Medizinischen Universität Wien und Univ.-Prof. Dr. Gerhard Schütz am Institut für angewandte Physik an der Technischen Universität Wien durchgeführt.
Wie man die Naturgesetze überlistet – aber doch nicht ganz
Hochauflösende Fluoreszenzmikroskopie (oder Super-Resolution-Mikroskopie) wird heute auf der ganzen Welt verwendet um kleinste Strukturen auf einer Zelle sichtbar zu machen und um die Interaktion von Molekülen auf der Zelloberfläche zu verstehen. Eigentlich widerspricht diese Technologie einem Grundsatz, den man lange für ein Naturgesetz gehalten hatte: Mit Lichtwellen kann man nur Objekte abbilden, die größer sind als die halbe Lichtwellenlänge. Diese Regel stimmt zwar, doch sie lässt sich überlisten, wenn man unterschiedliche Punkte des Objekts nacheinander über einen längeren Zeitraum einzeln zum Leuchten bringt – zum Beispiel fluoreszenzmarkierte Moleküle auf der Zelloberfläche. Für diese Grundidee der Super-Resolution-Mikroskopie wurde 2014 der Chemie-Nobelpreis vergeben. Seither hat sich diese Mikroskopie-Technik auf der ganzen Welt immer wieder bewährt. Doch ein Team von Wissenschaftlern an der Medizinischen Universität Wien und TU Wien zeigte nun, dass hochaufgelöste (Super-Resolution) Bilder oft trügerisch sind und man bei der Interpretation der Daten sehr vorsichtig sein muss. Die Super-Resolution-Mikroskopie macht zwar einzelne Moleküle sichtbar, aber es kann leicht passieren, dass ein Molekül mehrfach abgebildet wird. Eine bloße Mehrfachbelichtung kann dann mit einem Cluster aus mehreren Molekülen verwechselt werden [5]. René Platzer hat in enger Zusammenarbeit mit Dr. Benedikt Rossboth und Dr. Mario Brameshuber eine Methode entwickelt um zwischen diesen beiden Möglichkeiten zu unterscheiden.
Darüber hinaus konnten die Forscher mit dieser verbesserten Technik ein weiteres Mal zeigen, dass die hochsensitiven Antigen-Rezeptoren auf einer T-Zelle nicht, wie erstmals angenommen, in angereicherten Gruppen vorkommen, sondern sich zufällig auf der Zelloberfläche verteilen [1,2]. T-Zellen reagieren, als wichtiger Bestandteil unseres Immunsystems, auf eine äußerst geringe Anzahl bestimmter Antigene, die sich auf der Oberfläche von Antigen-präsentierenden Zellen befinden [3]. Es hielt sich über längere Zeit hartnäckig die Theorie, dass Antigen-Rezeptoren auf der T-Zell-Oberfläche lokal in kleinen Gruppen (Clustern) angereichert werden um die T-Zellen empfindlicher für die Erkennung von Antigen zu machen. Die neuen Ergebnisse wiedersprechen dieser Theorie und verweisen auf die Möglichkeit, dass die sichtbaren Cluster komplexe Bildartefakte sind und einzelne Rezeptoren in Wirklichkeit zufällig auf der Zelloberfläche verteilt sind, vermutlich um ein beschleunigtes Scannen von Antigen-präsentierenden Zellen zu ermöglichen [2,3,4].
Mithilfe der hochauflösenden Fluoreszenzmikroskopie erhoffen sich René Platzer und seine Kollegen weitere tiefe Einblicke in die biophysikalischen Grundlagen der T-Zell-Antigen-Erkennung, allen voran um diesen hochsensitiven und lebensnotwendigen Prozess bis ins kleinste Detail zu verstehen. Diese Technik und die daraus gewonnenen Erkenntnisse bilden eine wichtige Grundlage für zukünftige Projekte mit Partnern aus Medizin, Forschung und Wirtschaft, welche die Etablierung wirkungsvollerer Immuntherapien zum Ziel haben.
Wissenschaftliches Umfeld
Über die Jahre wurde die wissenschaftliche Arbeit von René Platzer von einem überaus interdisziplinären Forschungsumfeld geprägt. Am Institut für Hygiene und Angewandte Immunologie im Labor von Assoc. Prof. Dr. Johannes Huppa und Univ.-Prof Dr. Hannes Stockinger wirkte er entscheidend beim Aufbau der Infrastruktur für Proteinbiochemie und hochauflösende Fluoreszenzmikroskopie mit. René Platzer ist im ständigen Austausch mit der Forschungsgruppe von Univ.-Prof. Dr. Gerhard Schütz am Institut für angewandte Physik an der Technischen Universität Wien. Aus dieser intensiven und langjährigen Zusammenarbeit gingen mehrere Publikationen hervor, die sich überwiegend mit den biophysikalischen Grundlagen der T-Zell-Antigen-Erkennung beschäftigten (Hellmeier et al. 2021 PNAS, Göhring et al. 2021 Nature Communications, Rossboth et al. 2018 Nature Immunology und Varadi et al. 2019 Biophysical Journal). Darüber hinaus engagierte er sich mit erheblichem Interesse und wissenschaftlicher Begeisterung an zahlreichen Projekten innerhalb der Medizinischen Universität Wien (Ohradanova-Repic et al. 2018 Frontiers in Immunology, Kumar et al. 2015 Biomedical Optics Express and Hamminger et al. 2021 Journal of Autoimmunity), des St. Anna Kinderkrebsforschungsinstituts (Salzer et al. 2016 Nature Immunology und Salzer et al. 2020 Science Immunology), sowie an internationalen Kollaborationen (Jongsma et al. 2020 Immunity). Viele der überaus spannenden instituts- und länderübergreifenden Kooperationen führten zu Publikationen in renommierten Fachzeitschriften.
Zur Person
René Platzer maturierte 2007 am Bundesgymnasium und Bundesrealgymnasium Leibnitz und studierte Molekularbiologie an der Karl-Franzens-Universität Graz und Technischen Universität Graz. Nach Abschluss des Bachelorstudiums und einem 3-monatigen Praktikum an der Universität Zürich studierte er Immunologie und Molekulare Mikrobiologie an der Universität Wien. Am Ende des Masterstudiums absolvierte René Platzer zwei Summerschools mit den Schwerpunkten Biomedizinische Mikroskopie sowie hochauflösende Mikroskopie an der ETH Zürich und am Swammerdam Institute for Life Sciences in Amsterdam, die seine wissenschaftliche Arbeit von nun an prägten. René Platzer arbeitete während seines Master- und PhD-Studiums im Labor von Assoc. Prof. Dr. Johannes Huppa und Univ.- Prof. Dr. Hannes Stockinger am Institut für Hygiene und angewandte Immunologie und beschäftigte sich mit der Frage, wie bestimmte Vorgänge der T-Zell-Antigen Erkennung auf molekularer Ebene ablaufen. Im Zuge seiner Dissertation setzte sich René Platzer mit den biophysikalischen Grundlagen der Antigen-Präsentation und einhergehender T-Zell-Aktivierung auseinander und beteiligte sich maßgeblich an der Entwicklung von neuen Analysemethoden für die hochauflösende Fluoreszenzmikroskopie. Als Doktorand nahm René Platzer am internationalen PhD Programm „Cell Communication in Health and Disease“ (CCHD) teil und erwarb ein renommiertes und hoch-kompetitives PhD-Stipendium des Boehringer Ingelheim Fonds. Er besuchte zahlreichen nationalen und internationalen Konferenzen, bei denen er für die Präsentation seiner wissenschaftlichen Ergebnisse auch Preise gewonnen hat.
Nach Abschluss des PhD-Studiums setzt René Platzer seine wissenschaftliche Arbeit an der Medizinischen Universität Wien als Mitarbeiter einer Forschungskollaboration zwischen Assoc. Prof. Dr. Johannes Huppa und Boehringer Ingelheim RCV fort. In diesem Projekt charakterisiert er verschiedene BiTE-Antikörper (engl. bispecific T-cell engagers) hinsichtlich ihres Potentials zur T-Zell-Aktivierung und Initiierung einer Immunantwort. Er erforscht wie sich natürliche T-Zell-Antigen-Erkennungsprozesse von therapeutischen Ansätzen wie zum Beispiel BiTE-Antikörpern oder CAR T-Zellen (engl. chimeric antigen receptor T-cells) unterscheiden um die Entwicklung von wirkungsvollen BiTE-Antikörpern für die Krebstherapie zu unterstützen.
Ausgewählte Literatur
- Platzer R*, Rossboth BK*, Schneider MC, Sevcsik E, Baumgart F, Stockinger H, Schütz GJ, Huppa JB+, and Brameshuber M+. 2020. Unscrambling fluorophore blinking for comprehensive cluster detection via photoactivated localization microscopy. Nature Communications. 11:4993. *equal contribution, +corresponding author
- Rossboth B, Arnold AM, Ta H, Platzer R, Kellner F, Huppa JB, Brameshuber M+, Baumgart F+, and Schütz GJ+. 2018. TCRs are randomly distributed on the plasma membrane of resting antigen-experienced T cells. Nature Immunology. 19:821-827. +corresponding author
- Platzer R and Huppa JB. T-cell Antigen Recognition – Lessons from the Past and Projections into the Future. 2020. Encyclopedia of Life Sciences (eLS). John Wiley & Sons, Ltd: Chichester. doi:10.1002/9780470015902.a0001229.pub3
- Brameshuber, M, Kellner F*, Rossboth BK*, Ta H, Alge K, Sevcsik E, Göhring J, Axmann M, Baumgart F, Gascoigne NRJ, Davis SJ, Stockinger H, Schütz GJ, and Huppa JB+. 2018. Monomeric TCRs drive T cell antigen recognition. Nature Immunology. 19:487-496. *equal contribution, +corresponding author
- Baumgart F, Arnold AM, Rossboth BK, Brameshuber M, and Schütz GJ+. 2018. What we talk about when we talk about nanoclusters. Methods and Applications in Fluorescence. 7:013001. +corresponding author