Das Hypoplastische Linksherz ist einer der schwersten Herzfehler mit Blausucht (Zyanose) und wird auch Hypoplastisches Linksherzsyndrom genannt.
Man versteht darunter die Unterentwicklung der ganzen linken Herzhälfte. Hierzu zählen die Mitralklappe (Herzklappe zwischen linkem Vorhof und linker Hauptkammer), der linke Ventrikel (linke Hauptkammer), die Aortenklappe (Herzklappe der Hauptschlagader) und die Aorta (Hauptschlagader) mit dem Aortenbogen. Die Herzklappen können verengt (stenotisch) oder vollständig verschlossen (atretisch) sein. Da die linke Herzhälfte nicht funktioniert, ist das Baby für die Durchblutung des Körpers und der Lunge alleine auf seine rechte Herzhälfte angewiesen.
Welche Auswirkungen hat ein Hypoplastisches Linksherzsyndrom?
Im Mutterleib geht es dem Kind gut und es wächst meist ganz normal. Nach der Geburt verschließen sich die bei jedem Baby vorhandenen Verbindungen zwischen rechtem und linkem Herz. Das sind das Foramen ovale (Loch zwischen der rechten und linken Vorkammer) und der Ductus arteriosus (Gefäß zwischen der Lungen- und Körperschlagader). Dies geschieht in den ersten Lebensstunden bis zum etwa dritten Lebenstag. Beim Hypoplastischen Linksherzsyndrom staut sich das Blut im linken Vorhof, weil es nicht mehr über das Foramen ovale in den rechten Vorhof abfließen kann. Die rechte Hauptkammer pumpt bei diesem Herzfehler ihr Blut nicht nur in die Lunge, sondern über den Ductus arteriosus in den Körperkreislauf. Verschließt sich der Ductus arteriosus, was bei jedem Neugeborenen eintritt, erhält der Körperkreislauf kaum noch Blut und das Baby erleidet einen Kreislaufschock. Unerkannt stirbt das Kind innerhalb kurzer Zeit. Lebensrettend ist dann die Infusion mit dem Medikament Prostaglandin um den Ductus arteriosus wieder zu öffnen.
Symptome
Jedes Kind mit einem HLHS ist zyanotisch (blau) oder sehr blass, meist besteht eine angestrengte Atmung. Bei der Untersuchung fallen dann ein sehr schneller Herzschlag (Tachykardie) und sehr schwache Pulse auf.
Wie wird das Hypoplastische Linksherzsyndrom behandelt?
Die besten Aussichten hat ein Kind mit HLHS, wenn die Diagnose bereits vor der Geburt bekannt ist. Die Entbindung wird dann in einem Zentrum geplant, das mit der Versorgung dieser Kinder Erfahrung hat.
Medikamente
Nach der Geburt wird sofort mit dem Medikament Prostaglandin als Dauerinfusion begonnen. Damit gelingt es meist innerhalb weniger Stunden den Ductus arteriosus wieder zu öffnen und den Kreislauf zu stabilisieren.
Katheterintervention
Um das Foramen ovale zu erweitern kann man eine Herzkatheterintervention durchführen. Hierbei wird über die Nabelvene oder eine Vene in der Leiste ein Katheter bis zum Herzen vorgeführt und dieser von der rechten in die linke Vorkammer dirigiert. Dort wird ein Ballon, der auf dem Katheter sitzt aufgeblasen und so das Loch in der Trennwand zwischen den Vorkammern erweitert. Diese Prozedur nennt man auch Rashkind Prozedur.
Operation
Es gibt leider beim HLHS keine Möglichkeit die linke Herzhälfte zum Wachstum anzuregen, daher bleibt für diese Kinder neben der Möglichkeit einer Herztransplantation nur der Weg über ein dreistufiges Operationsverfahren die rechte Herzhälfte auf Dauer die gesamte Arbeit tun zu lassen. Die Operationen sind sehr komplex und sie können die Details unter der Rubrik Operationstechniken nachlesen. Die wichtigsten Schritte sind hier aufgeführt
1. Norwood-Operation (oder als Variante davon die Sano-Operation)
Hierbei wird der Auslass aus der rechten Hauptkammer durch eine Verbindung der Lungenschlagader mit der kleinen Körperschlagader hergestellt, der kleine Aortenbogen wird erweitert, die Trennwand zwischen den Vorkammern entfernt und schließlich über einen aortopulmonalen Shunt Blut zur Lunge geleitet. Diese Operation erfolgt in den ersten 10 Lebenstagen und ist technisch für den Chirurgen der schwierigste Schritt der Operationen.
2. Glenn-Anastomose
Im Alter von 4-6 Monaten wird die große Vene der oberen Körperhälfte (Vena cava) an die rechte Lungenschlagader genäht. Diese Operation ist eine gute Entlastung der rechten Hauptkammer und die Kinder gedeihen danach meist sehr gut. Die Sauerstoffsättigung ist im optimalen Fall um 85%, das heißt, das Kind bleibt etwas zyanotisch, es geht ihm aber sost gut.
3. Totale cavopulmonale Anastomose (TCPC)
Die dritte Operation erfolgt im Alter von etwa 3 Jahren (2-4 Jahre). Hierbei wird auch die große Vene der unteren Körperhälfte an die Lungenschlagader angeschlossen. Hierbei gibt es verschiedene Techniken, die heute am häufigsten Verwendete ist die totale cavopulmonale Anastomose (TCPC), bei der eine Röhre (Tunnel) außen am Herzen vorbeigeführt wird und die Vene mit der Lungenschlagader verbindet. Diese Art der Zuleitung des Venenblutes zur Lunge wurde zuerst von dem Franzosen „Francis Fontan“, in den 1980er Jahren erfunden und so nennt man den Kreislauf den man damit erreicht auch Fontankreislauf.
Hybrid-Prozedur
Seit Ende der 1990er Jahre wurde eine weitere Behandlungsmöglichkeit entwickelt, bei der das Ziel ebenfalls ein Fontankreislauf ist, bei der jedoch der erste Schritt der Behandlung eine Stentimplantation in den Ductus arteriosus und eine Drosselung der Lungendurchblutung mit einem chirurgisch angelegten Pulmonalarterienbanding der rechten und linken Lungenschlagader ist. Mit dieser Technik können dann Teile der Norwood-Operation und die Glenn-Operation in einer einzigen Operation erfolgen, die etwa im 4. Lebensmonat vorgenommen wird. Die Komplettierung des Fontankreislaufs ist dann genauso wie oben beschrieben. Für dieses Verfahren ist ebenfalls eine große Erfahrung, nicht nur des Chirurgen, sondern auch des Kinderkardiologen, erforderlich.
Das Leben mit einem Hypoplastischen Linksherzsyndrom
Zur Unterstützung des Herzens benötigen manche Kinder dauerhaft Medikamente und das Blut wird mit Marcoumar (Gerinnungshemmer) oder Aspirin (Hemmung der Blutplättchen – Thrombozyten) etwas dünner gemacht, damit sich keine Blutgerinnsel bilden. Kinder mit einem HLHS sind nach der dritten Operation nicht mehr zyanotisch (blau) und obwohl ihnen eine Herzhälfte fehlt, erstaunlich gut belastbar. Trotzdem muss man in Betracht ziehen, dass das Herz eines Kindes mit HLHS rascher altert. Daher haben alle großen Zentren, die solche Patienten versorgen Nachsorgeprogramme entwickelt um eine Verschlechterung frühzeitig zu erkennen und zu behandeln. Dies geschieht in erster Linie mit Medikamenten, einige Patienten erwartet jedoch eventuell auch eine Herztransplantation.