Perkutaner Pulmonalklappenersatz / Melody-Klappe
Die Implantation einer Herzklappe mittels Kathetertechnik gehört zu den jüngsten Fortschritten der Interventionellen Kardiologie. Derzeit wird die Technik hauptsächlich zum Ersatz der Pulmonalklappe (Lungenschlagaderklappe) angewendet während im Erwachsenenbreich hauptsächlich die Aortenklappe ersetzt wird.
Die folgenden Ausführungen gelten für die sehr viel häufiger verwendete „Melody-Klappe“, die schematischen Abbildungen sind dem Prospektmaterial/ Website der Firma Medtronic entnommen.
Was ist eine perkutane Pulmonalklappe ?
Es handelt sich um Herzklappen, die so aufbereitet sind, dass sie in eine Stent eingenäht werden können. Dieser Stent mit der Klappe im Inneren kann dann auf einen Ballonkatheter aufgebracht werden. Bei der Implantation wird der Ballon gefüllt und drückt damit den Stent mit der Klappe gegen den Auslassteil der rechten Herzkammer – dort wo die eigene Herzklappe (Pulmonalklappe) nicht mehr funktioniert.
Die Herzklappe selbst, entstammt der Halsvene des Kalbs. Die dort vorhandene Venenklappe eignet sich sehr gut als Pulmonalklappe – die gleiche Klappe verwendet übrigens der Chirurg im Operationssaal wenn bei jungen Kindern ein Klappenersatz durchgeführt werden muss.
Der Stent ist aus dem Metall Platin-Iridium, das sehr gute Aufstellkräfte besitzt und bei der Durchleuchtung sehr gut kontrastiert ist. Der Stent und damit die Klappe können bis zu einem Durchmesser von 22 Milimetern aufgeweitet werden, was dann der normalen Größe einer Pulmonalklappe beim Erwachsenen entspricht. Abstoßungsreaktionen gegen die Klappe bzw. den Stent sind nicht bekannt.
Erstmals hat im Jahr 2000 der Kinderkardiologe Philipp Bonhoeffer einem Kind eine Herzklappe bei einer Herzkatheteruntersuchung eingesetzt. Inzwischen ist das Verfahren als Therapie akzeptiert und stellt eine gute Alternative zu einem operativen Eingriff dar.
Das am weitesten verbreitete Implantat ist die „Melody-Klappe“ der Firma Medtronic, da sie in einem großen Altersbereich der Kinder bis ins Erwachsenenalter angewendet werden kann. Bei Erwachsenen kommt auch die Sapien-Klappe der Firma Edwards zum Einsatz; sie ist etwas anders aufgebaut, aber grundsätzlich auch eine Stentklappe, die in ähnlicher Technik implantiert wird.
Wer kann eine „Katheterklappe bekommen ?
Derzeit sind die Empfehlungen für eine perkutane Pulmonalklappe:
- Patienten nach Operationen, bei denen die eigene Pulmonalklappe durch einen Homograft, eine Contegra-Klappe, einen Xenograft oder ein Klappentragendes Conduit ersetzt wurde.
In Frage kommen Patienten mit einer Pulmonalstenose oder Pulmonalinsuffizienz oder einer Kombination von beiden. Da die Materialien, insbesondere die Einführungsschleusen recht dick sind, eignen sich Kinder unter 30 kg Gewicht nur in Ausnahmefällen für diese Intervention.
Grundsätzlich verläuft die Untersuchung wie jede andere Herzkatheteruntersuchung. Auch die Implantation einer Pulmonalklappe kann im Tiefschlaf erfolgen.
Die einzelnen Schritte der Implantation
- Bestimmung der Druckwerte im rechten Herzen durch direkte Messung im rechten Ventrikel und der Lungenschlagader
- Angiographie (Kontrastmitteldarstellung) des rechten Ventrikels und der Lungenschlagader – um die Größenverhältnisse abzuschätzen
- Angiographie (Kontrastmitteldarstellung der Herzkranzarterien (Coronarien) – um sicher zu gehen, daß die Pulmonalklappe die Coronarien nicht zusammendrückt und somit keine Durchblutungsstörung des Herzens entsteht.
- Ballondilatation / Ballon-Sizing der alten Pulmonalklappe – damit können vorbestehende Stenosen aufgeweitet werden und der Durchmesser der späteren neuen Pulmonalklappe wird bestimmt.
- Pre-Stenting – Damit die Katheterklappe später gut verankert werden kann und in den meist verkalkten Strukturen des Herzens nicht beschädigt wird, ist man in den letzten Jahren dazu übergegangen die Region, in der die künftige Klappe sitzen soll vorher mit Gefäss-Stützen aus Metall (Stent) zu verstärken. Meist ist nur 1 Stent notwendig, es können jedoch auch einmal mehrere sein.
- Implantation der Klappe: Anschließend wird die Pulmonalklappe so implantiert, dass sie genau in den zuvor eingebrachten Stents zu liegen kommt. Der Implantationskatheter wird dann entfernt.
- Abschlussangiographie: Die Untersuchung endet mit der Kontrastmittelinjektion in die Lungenschlagader um die fehlerlose Funktion der neuen Klappe zu beurteilen.
Mechanismus der Entfaltung der Melody-Klappe Von oben nach unten im Bild ist die Melody-Klappe im Implantationssystem dargestellt, wie es durch die Leistenvene ins Herz geschoben wird – dann wird eine Schutzhülse entfernt – und sodann erst ein kleinerer Ballon gefüllt, der die Stent-Klappe etwa zur Hälfte aufdehnt -- schließlich ist der Stent durch Auffüllen des großen Ballons komplett entfaltet.
Wie lange funktioniert die Klappe?
Bislang reichen die Erfahrungen zwölf Jahre zurück. Es gibt Patienten bei denen die Melody-Klappe bereits seit über 10 Jahren funktioniert. Bei einigen Patienten musste inzwischen jedoch eine zweite Klappe in die erste eingesetzt werden. Ursachen hierfür sind Schwachstellen im Bereich des Stents (Stentfrakturen). Diese sind zwar durch das Pre-Stenting verringert worden, treten aber immer noch gelegentlich auf.
Falls eine zweite Klappe nicht implantiert werden soll oder kann, muss die Katheterklappe entfernt und chirurgisch eine neue Klappe eingesetzt werden.